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Wilde Jungs machen einen los

Es ist sehr komfortabel in einer Großstadt zu leben, weil man meist jederzeit spontan etwas unternehmen kann. Manches ergibt zwar einen netten Abend, ist aber nicht unbedingt erwähnenswert. (An dieser Stelle können die Leser des Gruselkabinetts mal dankbar sein, dass ich nicht alles blogge.) Andererseits entdeckt man so oftmals viel Neues, dass einen länger erfreut an diese Abende zurück denken lässt. Die Pickers gehören dazu. Beim ersten kurzen Reinhören vorab war ich etwas erstaunt, dass Franz Ferdinand nun komplett deutsche Songs singen, aber da steckt bei dieser Band musikalisch noch einiges mehr drin – bis hin zu den frühen Beatles. Ganz zu Anfang des Konzerts wirkten die Jungs etwas unterkühlt und lustlos. O.K., kann man ja verstehen – die sehr kleine Location war nicht mal richtig voll und die Massen von kreischenden Teens fehlten vollkommen. Mit dem Opener „Ich will nicht mehr jung sein” wurde auch gleich klar, dass das wohl eigentliche Zielpublikum mehrheitlich nicht so vertreten war. Nun ja, die Jungs werden irgendwann auch nicht mehr jung sein, aber es bleibt ihnen zu wünschen übrig, sich dann noch jung zu fühlen. Nichtsdestotrotz wurde sich sehr schnell warm gespielt. und die straßenmusikerprobte Band legte richtig los. Könnte sehr gut sein, dass sie irgendwann oder sehr bald richtig groß rauskommen – das Zeug dazu hätten die Pickers –, dann würde ich die Konzerte allerdings den kreischenden Teens überlassen.

NeonWilderness - 2013.04.12, 17:47

Ich sehe mit gedämpftem Wohlwollen, dass Ihr Musikgeschmack eine überraschende, wenngleich begrüßenswerte Wendung in die richtige Richtung nimmt. Womöglich sind Sie doch noch nicht verloren für die Gesellschaft.

C. Araxe - 2013.04.12, 18:35

Ich bin mir nicht sicher, ob ich das nun gut finden soll, dass das für Sie die richtige Richtung ist.
Gleich mal checken, was demnächst für Konzerte in anderen Richtungen laufen.
C. Araxe - 2013.04.13, 13:03

Das ist jetzt als Kommentar auf meinen Kommentar gemeint, oder?
joss - 2013.04.13, 13:28

Ich wollte mich bloß mal einmischen, wo es doch um guten Musikgeschmack ging... bevor sich hier wieder Empfehlungen für Hamburger Gitarrenpop ausbreiten wie die Pest im Mittelalter.
C. Araxe - 2013.04.13, 13:39

Hätte ja auch direkt auf den Beitrag bezogen sein können, da die Pickers (leider) das Potenzial zur Massentauglichkeit haben. Alles, was in Richtung Cocotronic geht, wird sich nach wie vor in 117+ ausbreiten können.

Grunge ist damals ja komplett an mir vorbeigegangen, da mir das zu der Zeit viel zu sehr Mainstream war. Ich weilte da ziemlich nerdig in Industrial-Untergrundgefilden. Alle Veröffentlichungen, die über 500 Stück hinausgingen, waren mir da schon suspekt. Im Nachhinein sieht’s allerdings anders aus.
joss - 2013.04.13, 14:22

Da L7 ursprünglich ne Punkband war und man die da auch im Plattenladen einsortiert fand, als es noch Platten gab, brauchte man auch nicht unbedingt Grunge zu hören. Ernsthaft benutze ich solche Labels für mich gar nicht, insofern ich heute kaum danach selektiere. Ich fand schon viel zu oft bestimmte Bands total beschissen und irgendwann später richtig gut. Bezieht sich auch manchmal nur auf einzelne Lieder, und wiederum andere höre ich nur noch aus Nostalgie oder anderen Stimmungen heraus.
C. Araxe - 2013.04.13, 14:29

Sicher wird Grunge L7 nicht gerecht, auch wenn sie in den 90ern davon nicht so einfach zu trennen sind. Bei vielem, was ich höre, ist eine Einordnung in irgendwelche Schubladen auch schlicht nicht möglich, selbst wenn man wollte. Trotzdem wird da immer wieder versucht, ein passendes Etikett zu finden. Manchmal kommt dabei aber auch eine schöne Bezeichnung heraus – „melodramatischer Pop-Song” gehört für mich z. B. dazu.
joss - 2013.04.13, 19:42

Genre-Kenntnis ist immer etwas bewundernswertes. Wenn Seeßlen über Kino(geschichte) schreibt oder in der Literatur Klassiker wie Auerbachs Mimesis... finde ich aufregend und bewundernswert. Oft will man mit Identifikationen aber auch nur Schwung dafür gewinnen, dass man etwas mag oder nicht mag. Es kommt wie immer darauf an, ob man den Kontext entfesselt. Das fehlt mir heute in den öffentlichen, oft aber auch in privaten Diskussionen.
C. Araxe - 2013.04.13, 19:57

„Oft will man mit Identifikationen aber auch nur Schwung dafür gewinnen, dass man etwas mag oder nicht mag.”
Kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Der „Schwung” ist bei mir ein Selbstläufer – wenn mich etwas interessiert, dann kann ich meist gar nicht anders, als diesem Interesse zu folgen und mich in die Thematik immer weiter reinzufressen, was nicht immer zielstrebig in eine Richtung gehen muss, sondern vielmals in alle möglichen Richtungen mäandert.
joss - 2013.04.14, 12:56

Hier ein kleines Sonntagsgeschenk: Ein Zitat aus einem Gespräch zwischen Werner Schröter und Michel Foucault, das ich sehr mag, denn es spannt den Begriff (der in der Kritik und Abgrenzung ja auch für die Kritischen Theoretiker überaus bedeutend war) vom Kunstschaffen hinein in die Lebensführung:

"Man verliert sich in seinem Leben, in dem, was man schreibt, in dem Film, den man gerade dreht, wenn man nach der Identität einer Sache fragt. Dann ist die Sache »verpfuscht«, weil man sich auf Klassifikationen einlässt. Es geht darum, etwas hervorzubringen, das zwischen den Ideen geschieht und das man nicht benennen kann. Man muss vielmehr ständig versuchen, ihm eine Farbe, eine Form, eine Intensität zu geben, die niemals sagt, was sie ist. Das ist Lebenskunst. Lebenskunst heißt, die Psychologie zu töten und aus sich heraus wie auch zusammen mit anderen Individualitäten, Wesen, Beziehungen, Qualitäten hervorzubringen, die keinen Namen haben. Wenn man das nicht schafft, lohnt dieses Leben nicht gelebt zu werden."

Benjamin hätte dieses Erkennen und Gestalten durch Verrätseln in der Praxis bestimmt gefallen.
C. Araxe - 2013.04.14, 19:17

Monsterdank!