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Nazikacke im Briefkasten

Oh, was für eine Überraschung, dachte ich, als ich die Büchersendung erblickte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich ein Buch bestellt habe. Das hat allerdings nichts weiter zu sagen, da ich sehr oft spontan ein Buch bestelle und es dann manchmal vergesse. Aber beim besten Willen konnte ich mich diesmal nicht daran erinnern, ein Buch bestellt zu haben.

Die Überraschung wurde noch größer, als ich es ausgepackt hatte. Ein Buch über die tapferen Wehrmachtssoldaten im Kessel von Cholm. What the f ... Anbei war auch noch gleich ein Überweisungsschein für dieses Buch. Bei Gefallen sollte ich die „Pro-forma-Rechnung” begleichen. Der Absender dieses Buches ist der Arndt-Verlag. Nach kurzer Recherche bestätigte sich mein Verdacht, dass dieser im ultrarechten Spektrum angesiedelt ist. Unter anderem veröffentlicht er auch Bücher von David Irving, einem der bekanntesten Holocaustleugner. Zu meiner Verwunderung zeigte man sich sogar bei der „Jungen Freiheit” wenig erfreut, dass dieser Verlag einen Prozess gegen das Auswärtige Amt gewonnen hat und nun ein Buch über die Grausamkeit von Polen während des Zweiten Weltkrieges veröffentlichen darf.

Dieser Verlag versendet also nicht nur seine Publikationen unaufgefordert, womit er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: Werbung für sich selbst und rechtsextreme Propaganda, sondern versucht auch noch abzukassieren, da sicher einige Leute dumm genug sind, die „Pro-forma-Rechnung” zu begleichen.

Am meisten interessiert mich bei dieser ganzen Angelegenheit allerdings, woher die meine Adresse haben. Und das lässt sich herausbekommen. Schließlich gibt es da ein paar nette Paragraphen und demzufolge wurde folgender Brief versendet:

Widerruf der Genehmigung zur Speicherung meiner Daten für werbliche Zwecke

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 10.11.2007 erhielt ich von Ihnen eine unaufgeforderte Büchersendung. Da Ihre Sendung an mich persönlich adressiert ist, fordere ich Sie hiermit gemäß Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) auf:

1. Sie haben mir gegenüber unverzüglich offenzulegen, welche Daten außer Name und Adresse Sie über meine durch diesen Namen/diese Adresse identifizierte Person gespeichert haben, und aus welchen Quellen diese Daten stammen.
§ 19 Abs. 1, § 34 Abs. 1 BDSG

2. Sie haben den Verwendungszweck dieser Daten ebenfalls unverzüglich mir gegenüber offenzulegen.
§ 19 Abs. 1, § 34 Abs. 1 BDSG

3. Sie haben sämtliche meine Person/meine Adresse betreffenden Daten unverzüglich zu löschen und mir diese Löschung zu bestätigen.
§ 20 Abs. 2 Satz 1, § 28 Abs. 3, § 30 Abs. 3, ferner § 4 Abs. 1 BDSG

4. Ich untersage Ihnen jedwede zukünftige Speicherung meine Person bzw. meine Adresse betreffenden Daten ohne meine vorherige ausdrückliche schriftliche Genehmigung.
§ 14 Abs. 2 Satz 2, § 4 Abs. 2 BDSG

5. Ich untersage Ihnen die Übermittlung dieser Daten an Dritte. Für bereits an Dritte übermittelte Daten fordere ich eine unverzügliche Sperrung.
§ 28 Abs. 3 BDSG

6. Ich setze Ihnen zur Erfüllung dieser Forderung eine Frist von zwei Wochen beginnend mit dem Datum dieses Schreibens.

Sollten Sie dieses Schreiben ignorieren, sehe ich mich gezwungen, den zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten zu informieren. Weiterhin werde ich den Vorfall einem Anwalt übergeben, um gegebenenfalls ein Strafverfahren gegen Sie zu eröffnen.
§ 38 Abs. 4, § 43 Abs. 3



Falls jemand ähnliche Probleme hat, der Briefinhalt lässt sich ja beispielsweise auch gegen unerwünschte Spams einsetzen, so kann dieser gern kopiert werden.


Nachtrag
theswiss - 2007.11.12, 18:23

Ich verneige mich in Hochachtung vor Ihnen.

C. Araxe - 2007.11.12, 18:43

Wieso?
Nun übertreiben Sie mal nicht. Ich finde das jedenfalls nicht lustig.
theswiss - 2007.11.12, 18:50

Ich auch nicht. Und ich werde mir diesen Text bookmarken, diesem Uebel muss von Anfang an Einhalt geboten werden. Ich hoffe, dass sich der gewünschte Erfolg auch einstellt.
C. Araxe - 2007.11.12, 18:52

Ich habe leider keine Ahnung, was es da für entsprechende Gesetze in der Schweiz gibt. Dto. Österreich.
Aurisa - 2007.11.12, 18:37

Diese Herrschaften haben zum Glück bisher noch nicht meinen Briefkasten zugemüllt...
Und der Brief von wegen Datenschutz ist sehr gut gemacht... der Haken ist bloss, daß sich viele nicht daran halten...
Ich habe auch an diverse Firmen geschrieben, daß sie meine Daten - d.h. den alten Namen... - aus ihren Datenbanken lösche sollen... musste dann aber feststellen, daß sich offensichtlich nicht alle daran gehalten haben...
Und ich bezweifle, daß Nazis sich viel um Gesetze scheren... wenn sie ihnen nicht in den Kram passen...
Dann werden die Daten halt unter der Hand weiter gegeben und genützt...
Aber einen Versuch ist es wert...
Ich wünsche viel Erfolg!
Viele Grüße
Aurisa

C. Araxe - 2007.11.12, 18:42

Klappe halten, nur weil es nichts bringen könnte, ist nicht mein Ding. Dass das mit Anwälten eigentlich recht locker ist, habe ich erst vor kurzem festgestellt. Von daher würde ich auch vor rechtlichen Schritten nicht zurückschrecken.

Und mal herausbekommen, wie das so mit einem Datenschutzbeauftragten abläuft, wird ja auch zusehens wichtiger.
NibblesChris - 2007.11.13, 09:51

Ich bitte auf jeden Fall um weitere Berichterstattung!
C. Araxe - 2007.11.13, 09:55

Ja, ich bin auch sehr gespannt, ob und wie reagiert wird.
hobo - 2007.11.12, 23:30

in österreich bekommt man keine bücher.
da dürfen sie im fernsehen reden ... *spei* ... (verzeihen sie.)

C. Araxe - 2007.11.13, 09:48

Immerhin saß David Irving bei Ihnen in Haft und hat unbefristetes Aufenthaltsverbot.
NeonWilderness - 2007.11.13, 12:46

Ich finde den Brief auch gut! Ich habe daher nur das Wort "Büchersendung" durch "Steuerbescheid" ersetzt und ihn dann per Einschreiben an mein Finanzamt geschickt. Ich denke, der Text ist so zwingend, dass ich ab jetzt keine Steuern mehr bezahlen muss.

C. Araxe - 2007.11.13, 14:07

Das Finanzamt benutzt Ihren Steuerbescheid für Werbezwecke?
*g*
NeonWilderness - 2007.11.13, 14:12

Na sicher! Es wirbt Steuern ein. Sagt man doch so! Aber nicht mehr bei mir. Der Brief war goldwert!
C. Araxe - 2007.11.13, 14:18

Ach, und ich hatte so die wage Vorstellung, dass Sie als Mustersteuerzahler für PR-Zwecke eingesetzt werden.
NeonWilderness - 2007.11.13, 15:48

Noch so'n Spruch und ich werde meinen konspirativen Verbindungsmann bei der Hamburger Steuerbehörde um eine mustergültige Steuerprüfung bei Ihnen ersuchen. *g

P.S. Ich kann nur hoffen, dass Sie Ihre Servietten nicht als kreatives Design-Arbeitsmaterial abgesetzt haben! ;)
C. Araxe - 2007.11.13, 20:00

Och, da gibt’s nicht viel zu holen. Eher anders herum, wenn sich einer von denen ins Gruselkabinett wagt. Dann werden die schon merken, dass ich das sehr ärgerlich fand, als die meine Bastelknochen nicht als Arbeitsmaterial akzeptiert haben.
C. Araxe - 2007.11.19, 18:03

Nachtrag

Inzwischen hat sich der Arndt-Verlag gemeldet:

„... besten Dank für Ihr Schreiben vom 12.d.M.

Wir bedauern, daß unsere Büchersendung Ihnen nicht willkommen war.”

Das Buch möchten sie zurück haben und es wurde ein Freimachungsstreifen beigelegt. Am liebsten hätte ich das Buch ja gleich weggeschmissen, aber bei so etwas sollte man besser die Sachen immer noch mindestens ein Jahr aufheben.

Interessant wird es nun bei der Angabe zur Herkunft meiner Adresse:

„Ihre Adresse erhielten wir im Jahre 2003 von einer Konkursverwalterin aus Frankfurt/Main, die uns Waren und Kundenanschriften der in Insolvenz befindlichen Firma Medien Marketing-Team (MTM) aus Bad Soden verkaufte.”

Einträge, die Firma Medien Marketing-Team betreffend, wurden tatsächlich aus dem Handelsregister gelöscht. So wird es also wohl recht schwierig werden, herauszubekommen, woher nun Medien Marketing-Team meine Adresse hat. (Wenn denn diese Angabe überhaupt stimmt.) Ich werde auf jeden Fall noch mal beim Datenschutzbeauftragten nachhaken.

C. Araxe - 2007.11.23, 14:53

So, nun habe ich endlich mal nachgefragt. Wie zu erwarten, sieht der zuständige Datenschutzbeauftragte leider auch keine Möglichkeit mehr, wie man mehr erfahren könnte.