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Fast in Afrika

In der Tat liegt Tunis näher als Rom und auch einige historische Hinterlassenschaften sind in Palermo diesem Kontinent näher. Aber so wie das Tyrrhenische Meer sich Europa zuwendet, so ist dessen Einfluss gleichfalls sichtbar. Der Glanz vergangener Zeiten, den Araber, Normannen, Staufer oder Spanier hinterlassen haben erstrahlt ebenso wie der Verfall, zu dem früher wohl mehr die Mafia, heute sicher mehr die Folgen der Globalisierung, beigetragen haben. Was in der Altstadt noch romantisch verklärt werden könnte und eine urbane Kreativität hervorbringt (noch viel ärmer als Berlin, aber sexy), ist je näher man sich hinaus begibt nur noch Tristesse, bei der es schwer fällt, das Marode schön zu reden. Allgemein anerkannte Schönheit ist dann noch weiter entfernt. So wie Mondello mit seiner bezaubernden Bucht, wo das Meer in all seinen Blautönen und glasklarem Wasser unwiderstehlich lockt, sich mit diesem zu vereinigen, auch wenn es zu dieser Jahreszeit doch sehr kalt ist. Dabei gibt es auch direkt in Palermo Strände, die jedoch nur Müllhalden sind und man das Badeverbot ohne Weiteres nicht hinterfragt.

Beim Hausberg von Palermo, dem Monte Pellegrino, ist indes zunächst auch nicht pure Natur zu erwarten, was nicht unbedingt am Wallfahrtsort der Heilgen Rosalia liegt, sondern eher an den Pilgerscharen, die dort grillen. Abseits davon findet man allerdings zwar auch sehr vereinzelt grillende Ausflügler, die sehr gastfreundlich sind und einen vollstopfen mit Köstlichkeiten, aber eben auch grandiose Aussichten und vor allem Stille.

Derer bedurften wir doch etwas, da unsere Unterkunft genau dort lag, wo das Herz von Palermo am lautesten schlägt. Vor allem auch nachts. Die Vucciria ist nämlich nicht nur Markt, sondern vor allem nächtens mit Reeperbahn bzw. Hamburger Berg vergleichbar. So schön auch unsere Unterkunft war und so nett unser Gastgeber, so laut war es eben auch – Nachtleben, Markt, Baumaßnahmen (ja, sehr notwendig und ich wurde fast gesteinigt, als wir unmittelbar unser Quartier erreichten, was dann eben doch einen Meter neben lebensgefährlichen Baustellen lag). Nun ja, wir waren eben mittendrin.

Um die Ecke die surreal morbide Atmosphäre verbreitende Piazza Garraffello, an der Uwe Jäntsch wirkt(e), bei dessen Projekten gewollter und ungewollter Zerfall zuschlug. Was man als ein lebendiges Sein zwischen Vergangenheit und Gegenwart bezeichnen könnte, auch wenn es unmittelbarer ist, trifft ebenfalls auf die Katakomben der Kapuzinergruft zu. Ja, ich muss hierbei zugeben, dass diese der Hauptanziehungspunkt von Palermo für mich waren. Seit dem der Bildband „The Living Dead: Inside the Palermo Crypt” von Marco Lanza im Gruselkabinett seit vielen Jahren weilt, war für mich klar, dass ich das unbedingt sehen muss. Und ja, nirgendwo begreift man Tod und Leben besser. Die Vergänglichkeit von allem Sein und all der Vergeblichkeit, dem Tod zu trotzen – als auch all das, was über den Tod hinaus geht. Nirgendwo sind die Toten lebendiger, auch wenn man sie nicht mal kennt. Vergraben, verbrannt, vergessen – wie auch immer – das ist hier nicht möglich. Und diese Gegenwart von Tod bedeutet für mich gleichzeitig Leben. Leben mit all seinen Sinnen.

In Palermo heißt das mehr Sonne, Licht und Leichtigkeit. Alles ist viel lebhafter. Mitunter auf grausame Weise, wenn auf dem touristisch weniger erschlossenen Markt auf dem Ballaró die Tintenfische noch zappeln und die Garnelen hüpfen. Sooo frisch, mochte ich dann doch nicht die Zutaten für ein selbstgekochtes Mahl einkaufen. Die ausgewählten Ingredienzien waren dennoch weitaus lebendiger als all das, was man in der Heimat finden kann. Ein Tipico Siciliano muss nun unbedingt demnächst hier auf den Tisch kommen: Arancini. Ach, überhaupt – Sizilien wird hier weiterleben. Ich werde mit ganz anderem Blick bei Andronaco (das ist ja soundso mehr Italien als man sich hier im Norden vorstellen kann) sehr bald einkaufen gehen – aber hach … da gibt es auch nicht alles – den Geschmack von Kaktusfeigen werde ich so bald nicht oder gar nie mehr goutieren können. Das kleine Monster und der Schlendrian werden am allermeisten Brioche mit Eis vermissen. Ja, wir amüsierten uns über einen Mann am Strand von Mondello, der seinen Bauch endlos zärtlich streichelte wie ein Baby, aber genau das ist es: man kann Sizilien (oder auch allgemein Italien) nicht lieben, wenn es nicht durch den Magen geht.



Mehr Bilder

Ach ja, in Brüssel waren wir ja auch noch einen Tag vorab. War gleichfalls sehr schön, verblasst jedoch ziemlich nach den anschließenden Tagen in Palermo.
C. Araxe - 2014.05.04, 15:23

La Martorana – nur ein Beispiel der zahlreichen prachtvoll ausgestatteten Kirchen in Palermo.





Der Festumzugswagen der hl. Rosalia vor der Kathedrale.





San Giovanni degli Eremiti zeigt deutlich arabische Einflüsse.





Einige der über 1000 Mumien in der Kapuzinergruft.





Fall und Zerfall liegen oft dicht beieinander.





Das war dann doch nicht der Weg zu unserer Unterkunft.





Die Nachbarn in der Ruine gegenüber waren ausnahmsweise sehr still.





Die traumhaft schöne Bucht von Mondello.





Aussichten vom Monte Pellegrino auf Mondello.







Letzte Blicke vor der Heimreise.


das kleine monster - 2014.05.04, 16:03

Warum bin ich nicht zu sehen...?

*schmoll*
Aber dort hatte ich ein schönes Erlebnis:


Meine erste Orange
..., die ich selbst gepflückt habe...!

C. Araxe - 2014.05.04, 16:09

Ausnahmsweise hat das kleine Monster mal kein Brioche mit Eis in der Hand.
das kleine monster - 2014.05.04, 17:00

Seitenhieb vom Krümelmonster

Auch wenn Eis mit Brioche eine reginoale und sehr beachtenswerte Spezialität ist, gab es auf unserer Europatour auch noch mehr leckere Sachen zu entdecken:


Schaufenster in Brüssel



An einem Tag hat die Monstermutter auch gekocht - gelungende Bilder davon gibt es leider nicht, auch wenn das Essen sehr gelungen ist/war. Jedoch konnten wir frisch auf dem Markt die Zutaten besorgen:


Markt in Palermo
das kleine monster - 2014.05.04, 17:11

Gleichberechtigung für alle!

Nachdem wir hier schon eine süße Katze hatten, folgt nun ein niedlicher Hund:


C. Araxe - 2014.05.04, 18:13

So, dann gibt es hier noch eine scharfe Katze aus Brüssel:



(Bei diesem Chinesen waren wir aber nicht essen, sondern bevorzugten Muscheln und Pommes.)
das kleine monster - 2014.05.04, 18:21

Ich glaube ja nicht, dass dieses Bild echt ist... - Dieses Fellmonster kommt mir nun doch sehr bekannt vor...
pathologe - 2014.05.06, 09:58

Wären

nicht die Mumien, das Monster und diese rote, italienische Motorradmutation gewesen, hätte ich vermutet, dass Ihr Blog von Außerirdischen übernommen wurde.

Soso, Frau Araxe, sind es die wallenden Gewänder Hormone, die Sie gen Süden treiben? Soweit mir bekannt, gibt es keinerlei Kühltruhenhersteller in Palermo. Vielmehr herrscht dort eine etwas festere Schuhmode vor, vorzugsweise in hellem Grau und meerwasserresistent. Haben Sie uns etwa verschwiegen, dass Ihr neuer Untermieter Luigi heißt, im Betongewerbe arbeitet, und Ihnen außerdem ein Angebot gemacht hat, das Sie nicht ablehnen konnten? Und ich denke hier weniger an "Pasta con Aglio e Olio"!

C. Araxe - 2014.05.06, 21:06

Sie meinen wirklich ernsthaft, dass dies kein ausreichender Grund für mich war/ist?
pathologe - 2014.05.07, 08:28

Dann

müssten Sie aber auch schon hier überall gewesen sein, oder?
C. Araxe - 2014.05.07, 18:25

Überall nicht, aber ein paar Orte sind schon dabei. Und überall muss ich auch nicht hin – ich suche mir da eher die Filetstücke Edelknochen heraus. Wenn da nur ein paar Knochen sind, kann ich auch genauso gut daheim bleiben, zumal sich meine Schädelsammlung in letzter Zeit quasi von selbst vermehrt hat.
caliente_in_berlin - 2014.05.07, 20:58

Granita, cannoli, pasta alla norma...seufz!
Araxe in Italien und ich lese das erst jetzt!

C. Araxe - 2014.05.08, 19:36

So. Morgen geht’s endlich wieder zu Andronaco und ein Stück Italien, insbesondere Sizilien wird zurückgeholt!
das kleine monster - 2014.05.08, 19:59

*mund-im-wasser-zusammen-laufen-lass*



Ich hoffe ja, dass es dort Brioché gibt...

Desweiteren dürfen wir ein weiteres Land, welches wir morgen auch besuchen, nicht vergessen: Nein, diesmal ist es nicht Schweden, sondern Spanien!

-

www.nationalflaggen.de
das kleine monster - 2014.05.09, 18:56

*seufz*

Kein Brioche... :-(
C. Araxe - 2014.05.09, 19:18

Aber soooo viel andere leckere Sachen!
das kleine monster - 2014.05.10, 08:57

Ich freue mich auch schon auf für Pizza, Pasta und Co. grosse-big-smilies-0699.gif von smiliesuche.de
Zia - 2014.05.16, 21:40

Ach Frau Araxe ein fiebriges Zittern bemächtigte sich meiner, als ich las, daß SIE in Palermo waren und mein Puls raste bis ich zu dem Punkt kam, wo Sie berichten in der Kapuzienergruft gewesen zu sein. (Das hätte ich auch von Ihnen nicht anders erwartet :-))
Ich freue mich mit Ihnen und seien Sie versichert, wenn ich mal nach Palermo komme, dann werden mich meine Schritte auch zuallererst in die Grüfte lenken.
Stattdessen verbringe ich meine Tage ja zurzeit überwiegend im Biologenbunker einer gewissen Rheinmetropole um meine Biologengrundausbildung voranzutreiben - die dann so schnell wie möglich in die Master-Klasse übergehen soll und dann... etc etc.
Deswegen sind meine Blogeinträge zur Zeit für die Außenwelt nicht ganz so spannend, was daran liegt, das das kleine Biologen 1 X 1 eben nur für Biologen spannend ist. Aber das Köpflein schmiedet schon weiter an Plänen und vielleicht vielleicht, irgendwann führen mich ja meine Biologenschritte auch mal von (auf) (B)berufswegen nach Palermo, wer weiß wer weiß... :-)

C. Araxe - 2014.05.18, 16:06

Falls es beruflich nicht klappt, dann können Sie das ja immer noch als Freizeitveranstaltung planen. Es lohnt sich wirklich. Sehr. Und wenn man gleich morgens dort ist, dann ist man dort fast allein (haha, natürlich sind da ja noch die über 1000 Leute, die aber sehr still sind).
Treibgut - 2014.05.17, 20:45

Sizilien

Aha, ich sehe Gründe, mal nach Sizilien zu fahren. Schöner Bericht.

C. Araxe - 2014.05.18, 16:08

Ja, die Gründe, die mich dazu bewogen haben dorthin zu fahren, haben sich als überaus lohnenswert herausgestellt.