Nekrophile Kostbarkeiten und morbide Entdeckungen
Neben den vielen sehenswerten Friedhöfen, die ich unbedingt noch einmal ausführlicher ansehen muss, bietet Wien mit dem Bestattungsmuseum eine Ausstellung, die man sich ansehen sollte, wenn man sich für Wien interessiert, denn nirgendwo wird man es so gut kennen- und verstehenlernen, dieses besondere Verhältnis zum Tod. Es sind nicht nur die rund 1000 ausgestellten Exponate - von barocker Üppigkeit bis zu von Sparsamkeit geprägte Kuriositäten wie der „Klappsarg” Kaiser Josefs II. (Klappe auf, Klappe zu - fertig), sondern vor allem die kenntnisreiche und sehr unterhaltsame Führung durch Museumsleiter Wittigo Keller machen einen Besuch zu einem besonderen Erlebnis. Man sollte sich also keineswegs von der notwendigen Voranmeldung abschrecken lassen. Sehr erfreut hat mich, dass ich dort in den Räumlichkeiten der Bestattung Wien sogar einen Friedhof erwerben konnte - das ideale Geschenk für das kleine Monster, welches sich auch sehr darüber gefreut hat.
Dem Verwesungsprozess entkommen waren hingegen die meisten Ausstellungsstücke im Narrenturm, dem pathologisch-anatomischen Museum. Die Führung durch die nicht frei zugänglichen Bereiche von einem Medizinstudenten war hierbei auch sehr informativ und professionell. Hypochondern rate ich von einem Besuch ab. Nicht nur die echten Präparate sind sehr anschaulich, sondern auch die Moulagen.
Größtenteils nur dem Anatomischen ohne pathologische Befunde zugewendet sind wiederum die Wachsmodelle im Josephinum, dem Museum des Instituts für Geschichte der Medizin. Daneben gibt es ebenso wie im Narrenturm allerlei historische Gerätschaften zu sehen. Auch hierbei sollte man unter Umständen besipielsweise keinen anschließenden Besuch beim Zahnarzt planen. Momentan wird im Josephinum die Ausstellung 04_blanco_05 mit Werken von Vero de Vetter gezeigt, die tief unter die Haut gehen und Blicke in Abgründe wagen.
Reality.
Sehen und Sehenwollen
Dafür gab es - vor Kind(ern) und aus damals akuten Verliebtheitsgründen - eine Nahverbindung zum späten aktionistischen Potential der Stadt: großartige Besäufnisse mit noch lebenden Proponenten dieser Stilrichtung bei einem von ebendiesen sehr frequentierten Strebersdorfer Heurigen (naturbelassener Wein aus Dopplern füllte auch meinen Kühlschrank daheim) sowie ab und an Tuchfühlung mit Prinzendorf-Aktionen (ich sage nur: Nitsch). Ja das waren meine frühen Achziger.
Ja, ich fand's sehr passend, dass während meines Aufenthalts gerade die Sammlung Hummel im MUMOK gezeigt wurde. Ihre frühen Achziger hören sich sehr spannend an.