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Sonntag, 27. März 2011

Hallucinatory Gnostic Supergroup

Eine Patchouli-Wolke schwebte über dem Eingangsbereich. Zum Konzert von Current 93 kamen sie alle, alle, alle. Aus den entlegensten Zeitwinkeln und/oder von weit weit weit her angereist. Das letzte Konzert von Current 93 war vor ziemlich genau zwanzig Jahren in Hamburg. Drei Fünftel der anwesenden „Nodding Apokalypse Party”-DJs (auf deren Veranstaltung „Beau soleil” zehnmal hintereinander lief) unterhielten sich: „Du hörst immer noch Current 93?” „Ja, seit über zwanzig Jahren die gleiche Musik.” (seufzend) „Aber das ist doch nicht schlimm, wenn die Musik gut ist.” „Es ist auch nicht wegen der Musik schlimm, sondern weil einem dadurch das eigene Alter so bewusst wird.”
Irgendwann hatte ich aufgehört, die ganzen Neofolk-Sachen zu hören, da ich es zunehmend weniger innovativ fand. Inzwischen ist der Sound rockiger, aber so viel anders hörte sich die Musik des äußerst gut dargebrachten Konzertes trotzdem nicht an – die Stimme von David Tibet ist allerdings sehr markant. Statt klassischer Instrumente dominieren nun E-Gitarren. Mit dabei war auch James Blackshaw, dessen virtuoses Gitarrenspiel vor den Swans vergessen wurde zu erwähnen. Dem Alter entsprechend war das Konzert bestuhlt, was sich für die lange Darbietung auch von Vorteil erwies. Liedgut aus alten Zeiten wurde indessen fast gar nicht gespielt, trotzdem war es ein sehr gutes Konzert – vor allem der Sound war einfach perfekt.

Donnerstag, 24. März 2011

Akustische Rauschzustände

„Der gesunde Verstand sagt uns, dass die Dinge der Erde nur sehr wenig Realität besitzen und dass es Wirklichkeit einzig in den Träumen gibt. Um das natürliche wie das künstliche Glück zu verdauen, braucht es zunächst einmal den Mut, es hinunterzuschlucken ...”
Charles Baudelaire

Als ich erfuhr, dass sich Kai Grehn für ein neues Hörspiel Charles Baudelaire vornehmen wollte, wusste ich eigentlich schon vorher, dass dies wieder nur ein außergewöhnliches Hörspiel werden kann. Nach zwei Jahren sind „Die künstlichen Paradiese” nun endlich vollendet.
Das Gedicht „Berauschet euch! (Enivrez-vous)” diente als Ausgangspunkt für sehr unterschiedliche Interpretationen von zwölf Musikern / Bands wie z. B. alva noto, Nouvelle Vague, Anne Clark, Tuxedomoon und Sandow. Die Worte Baudelaires, gesprochen von Alexander Fehling und Jeanne Moreau, sind Rahmen und zugleich poetische Essenz, die diese vielfältigen musikalischen Auswüchse zu einem einzig(artig)en Rausch vereinen.

Um auf die Ursendung hinzuweisen, kommt dieser Beitrag leider zu spät, es gibt aber noch weitere Sendetermine:

24.03.2011
18.00–19.30 Uhr
SR2 (bis zum 31. März, 18.00 Uhr hier komplett online hörbar)

30.03.2011,
21.30–23.00 Uhr
hr 2 (Live-Stream)

22.06.2011
22.04–23.30 Uhr
rbb – Kulturradio (Live-Stream)



„Man muss immer trunken sein! Das ist alles, die einzige Lösung. Um nicht das furchtbare Joch der Zeit zu spüren, das eure Schultern zerbricht und euch zur Erde beugt, müsst ihr euch berauschen, zügellos.
Doch womit? Mit Wein, Poesie oder mit Tugend, womit ihr wollt. Aber berauschet euch!”

Sonntag, 20. März 2011

Beim „Mütterchen mit Krallen”

Wenn man der hässlichen Fratze des Tourismus nicht allzu tief in die leeren Augen schaut, dann ist Prag immer noch sehr schön. Und hin und wieder gelingt es auch, die alte Schönheit inmitten billigen Glanzes und sich drängender Massen zu entdecken. Einfacher ist es, wenn man sich vom Zentrum entfernt – die Zeit scheint dort langsamer vergangen zu sein. Noch mehr Ruhe findet man auf dem Olšany-Friedhof, der mit seinen vielen Grüften (die älteste stammt aus dem Jahre 1799) und sehr alten Gräbern für mich zu den schönsten Friedhöfen Europas zählt. Gleich daneben befindet sich der Neue Jüdische Friedhof, der nicht auf so eine lange Zeit zurückblicken lässt, wie der Alte Jüdische Friedhof, dafür ist man dort weitestgehend allein und neben dem Grab von Franz Kafka lohnt sich ein Besuch dieses 1890 gegründeten Friedhof allemal. Um tiefer in das Leben und die Welt von Franz Kafka einzutauchen, empfiehlt sich das gleichnamige Museum, das mit seinen reichhaltigen Dokumenten und audio-visuellen Exponaten existenzielle Räume und eine imaginäre Topografie erschaffen hat. Nicht nur für Flachlandbewohner sind die vielen Möglichkeiten, Prag von erhöhten Standpunkten zu überblicken, sehr reizvoll. Neben den vielen Stufen zum Hradschin, von dem man einen beeindruckenden Ausblick hat, ist beispielsweise auch der Petřín-Hügel mit seinem Eiffelturmnachbau nicht minder attraktiv. Im Untergeschoss des Aussichtsturms befindet sich eine grandiose Ausstellung über die Erfindungen des genialen Jára Cimrman (Erfinder, Dramatiker, Komponist, Geburtshelfer, Philosoph, und Gynäkologe. Er meldete am Patentamt in London insgesamt 237 eigene Erfindungen an. Alle wurden sofort abgelehnt, bis auf zwei, die später abgelehnt wurden.), der mich sehr stark an Prof. Jakob Pilzbarth erinnert. Was andere Welten betrifft, sind diese leider sehr wenig vertreten, insbesondere die der tschechischen Surrealisten, die außerhalb Frankreichs zu den bedeutendsten zähl(t)en und auch immer noch sehr aktiv sind. Die Galerie von Jan und Eva Švankmajer gibt es glücklicherweise noch und war für mich schon ein Paradies an sich. Ebenso beglückend war die Reise nach Kutná Hora, dessen Altstadt UNESCO-Weltkulturerbe ist und das mit der Mittelböhmischen Galerie (GASK) mehr als besuchenswert ist. Ganz besonders aber wegen dem Sedletz-Ossarium – ein Beinhaus, in dem schätzungsweise 40.000 menschliche Skelette äußerst kunstvoll auf sehr dekorative Weise verarbeitet wurden. Frühes Aufstehen war hierbei angesagt, wenn man diese morbide Pracht für sich allein haben wollte. Das klappte nur nicht so ganz. Eine japanische Reisegruppe gesellte sich auch gleich morgens dazu. Deren Memento mori dauerte allerdings trotz Fukushima nur maximal fünf Minuten. Über Prag und auch Kutná Hora ließe sich bestimmt noch stundenlang weiter schreiben, aber nun komme ich doch zum Ende dieses Reiseberichtes (das mit dem Krokodil- und Kängurufleisch lasse ich z. B. weg), der alle twitterigen Leser soundso schon überfordern dürfte.



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Samstag, 12. März 2011

Senioren-Tanztee

Die Jahre rinnen dahin und ehe man sich versieht, findet man sich auf einer Gothics-über-30-Party wieder. So ein bisschen Bewegung und unter die Leute kommen soll ja ganz gut sein für's fortgeschrittene Alter. Dass da aber so viele ihrer Pflegestation entkommen sind, um das Tanzbein zu schwingen oder einfach nur flotter Musik zu lauschen und über die guten alten Zeiten zu plauschen, hätte ich nicht gedacht. Dank knallharter Personalausweis-Kontrolle waren keine jungen Hüpfer anwesend, dafür um so mehr Leute, die man von irgendwann früher kennt. Aktiv im Alter zu sein, ist jedenfalls ausgesprochen empfehlenswert.

Donnerstag, 10. März 2011

Schwarze Witwe

Monstergroße Innereien

Das versaute Hündische hat es sich sehr bequem gemacht. Ab und zu gähnt es, nur um sich anschließend auf die andere Seite zu wälzen. Wenn ich es wegtreten will, blinzelt es mich an und meint nur träge, dass ich doch genug Zeit haben würde. Ich halte in der Bewegung inne und lasse es weiter ruhen. Zusehends übernehme ich diese Trägheit und frage mich, warum man eigentlich unbedingt etwas tun muss, wenn man momentan die Zeit hat, auch mal nichts zu tun.

Montag, 7. März 2011

Bei Nacht und Nebel



Man nehme einen Wald und verpflanze ihn auf eine Bühne, lasse einen bedrohlichen mitunter recht industrialmäßigen Sound erschallen, Nebelschwaden um Nebelschwaden ziehen und das alles ins rechte Licht setzen. Das war bei „This is how you will disappear” schon beeindruckend genug. Ein dermaßen faszinierendes Bühnenbild gibt es selten zu sehen. Aber das Stück hat noch mehr zu bieten – drei Darsteller, die zwischen Grauen und Schönheit agieren und diese beunruhigende Atmosphäre immer weiter steigern. Unweigerlich muss man an „Antichrist” denken, zumal das alles fast filmisch inszeniert wurde. Tiere tauchen ebenfalls auf: ein Falke und eine Schneeeule, deren Rufe bestimmt „Chaos regiert” bedeuten. Dieses magisch-schöne, verstörend-unheimliche Stück von Gisèle Vienne vergisst man nicht so schnell.

Die Nacht war noch jung und hielt noch mehr Nebel und stählerne Klänge bereit, die dann allerdings vorzeitig endeten, als sich echter Rauch dazwischen mischte. Nun ja, eine heiße Nacht muss für mich nicht unbedingt reales Feuer beinhalten.

Samstag, 5. März 2011

Zweitchance für melancholische Perfektionisten

„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben”, meinte Gorbatschow und irrte. Denn manchmal hält das Leben für Zuspätgekommene eine erneute Gelegenheit bereit und so gab es zum sehr schnell ausverkauften Konzert von Interpol noch ein Zusatzkonzert am folgenden Tag. War also nicht so schlimm, wenn man sich nicht rechtzeitig Tickets besorgt hatte, allerdings durfte man beim Zusatzkonzert auch nicht allzu sehr rumtrödeln, da das dann schließlich ebenfalls ausverkauft war. Wenn eine Band gerade erst einen Tag vorher in gleicher Location gespielt hat, dann befürchtet man doch etwas, dass da einen Tag später vielleicht die Luft etwas draußen ist. Solche Gedanken waren jedoch vollkommen unbegründet. Laut Doppel-Konzertbesuchern soll der zweite Gig sogar weitaus besser gewesen sein. Mit so viel sichtbaren Spaß bei der Sache hatte ich Interpol bisher nie erlebt, sonst ging es ja immer sehr cool zu. Die sonstige Distanziertheit von Paul Banks war diesmal etwas verloren gegangen, ebenso wie Jackett und stylische Frisur. Bassisten sind zuvor ja auch einige abhanden gekommen. Aber ansonsten gab es keine Defizite, sondern im Gegenteil einen Gewinn an düsternen Hörgenuss.

Freitag, 4. März 2011

Bleiben ist Silber, Reisen ist Gold

Es sind mal wieder Reise-Tipps gefragt, die für die Bewohner des Gruselkabinetts interessant sind. Mehr oder weniger also alles, was sich jenseits ausgetretener Touristenpfade findet – diesmal für die Goldene Stadt. Wer also außergewöhnliche Empfehlungen für Prag hat – immer her damit. Ein Luxus-Kühltruhenplatz ist Ihnen gewiss.

Dienstag, 1. März 2011

Die lieben Kollegen, Teil 2

Oberste Vorsicht ist geboten, wenn man gefragt wird, ob man mal eine private Frage stellen könne. Erst recht, wenn es dann nur ums Pixelschubsen geht ... „Gern würde ich Sie für Ihre Unterstützung bei Ihrem nächsten Besuch in XXX zu einem guten Essen einladen. Natürlich habe ich auch vollstes Verständnis, wenn Ihr Terminplan dies nicht zulässt – kein Problem.”

Und dann war da noch der Kollege aus China, der diesmal mich korrigieren wollte, weil er meinte, bei dem englischen Text handelt es sich um Deutsch, nur weil da der deutsche Straßenname steht.

Dem Alter trotzen

Montage empfinde ich mittlerweile als ziemlich ungeeignet für Konzerte, vor allem wenn es sich um Locations handelt, die für ihre zeitlich sehr spät beginnenden Konzerte bekannt sind. Der Freundeskreis fühlte sich dann auch mehr dem Sofa hingezogen (bei manchen brauche ich da gar nicht erst zu fragen), aber ich habe es dann doch geschafft. Dennoch muss dringend an dem Projekt Arschtrittmaschine gearbeitet werden. Auch wenn es sich nicht um eine Teenieband handelt, so war das Publikum, nun ja, deutlich jünger. Süßes Studentenleben – so hart kann es also heutzutage wohl doch nicht zugehen. Nachdem ich die Intensität von Former Ghosts vor noch nicht allzu langer Zeit erlebt habe, war ich einem erneutem Ohrenmartyrium
nicht abgeneigt. Erstaunlicherweise war es nicht so laut. Vielleicht hätte es ansonsten Probleme gegeben, weil andernfalls bei der darüber fahrenden S-Bahn Terroralarm ausgelöst worden wäre. Oder ich werde doch schon langsam taub. Eigentlich habe ich mit einer Ein-Mann-Performance gerechnet, um so erfreulicher war es, dass Jamie Stewart von XIU XIU auch anwesend war. Abschließend kann ich da nur sagen, dass es sich gelohnt hat. Bräsiges Zuhausebleiben hebe ich mir für’s Rentenalter auf. Und dann überlege ich mir das auch noch mal.

Donnerstag, 24. Februar 2011

Dinge, die ich nie wieder tun werde

Allgemein wird behauptet, dass man aufpassen solle bei dem, was man sich wünscht. Es könnte in Erfüllung gehen.

Bisher hatte ich das immer so gedeutet, dass der erfüllte Wunsch dann doch nicht so erfüllend ist. Die Schwierigkeit liegt allerdings in der Ausführung der Erfüllung. Netzbestrumpfte Barbiepuppenbeine haben jedenfalls immense Tücken, wenn sie Realität werden sollen. Vor allem, wenn es sich um acht Stück handelt.

Montag, 14. Februar 2011

Der Rest ist Schweigen

Wenn die Kraft zu Ende geht, ist Erlösung Gnade. Jahrzehnte verschollen im Unbekannten. Ein spätes Finden, ohne Zueinander – die Fremdheit übermächtig. Und dennoch …

Freitag, 11. Februar 2011

Die Anti-Langschläfer-Verschwörung

Da muss mehr dahinter stecken, wenn ich mich gestern früh statt noch behaglich im Bett den ersten Kaffee trinkend im Flugzeug sitzend wieder fand und sich gleich heute Morgen die Handwerker ab 7.30 Uhr ankündigen. Wobei bei Ersterem moderne Kommunikationsmittel statt persönlichem Erscheinen eigentlich ausgereicht hätten. Und die Handwerker kommen bestimmt auch erst gegen Mittag. Dieses Komplott werde ich aber am Wochenende im Schlaf durchkreuzen. Habe ich mir jedenfalls fest vorgenommen. Wenn schon die Wachzustände gegenwärtig teilweise so viel Unschönes bereit halten, dann will ich wenigstens schlafend zu genügend Ruhe finden.