Kätzerisches Verhalten
Schnaufffff …
Manch einer mag mich als garstig bezeichnen, weil ich so viel Telomerkonzertberichte veröffentliche. (Ja, genau Sie sind gemeint, Herr Neon!) Das mag auch zutreffen. Aber ich kann ja auch anders und so gibt es auch mal wieder etwas über Katrin Graalmann zu berichten. Das Künstlerhaus Georgswerder öffnete wiederum für Besucher seine Ateliers und bot interessante Einblicke. Seit einigen Jahren kaute mir die Katrin mit dem Vorschlag nun schon mehrere Ohren ab, dass ich dort mal ausstellen sollte. Bisher sind die Ohren zwar wieder nachgewachsen, aber man weiß ja nie … Also habe ich mich nun doch dazu entschlossen – voraussichtlich im Herbst im Rahmen einer dortigen Ausstellung Machwerke aus dem Gruselkabinett auf die Öffentlichkeit loszulassen. (So, nun habe ich das hier geschrieben und kann mich wohl nicht mehr drücken …)
Statt im Kerzenschein nun also wieder im Rampenlicht. Diesmal handelte es sich um den ersten Auftritt von Telomer als Hauptact. Dementsprechend führte dies erfreulicherweise zu einer längeren Darbietung. Mit der Vorband Carny Lingo fing der Abend schon gut an: äußerst professionell legten die Gazoonies ihren vielfältigen Part hin – man mochte gar nicht glauben, dass sie das erste Mal auf einer Bühne standen. Bei Telomer wiederum weiß ich gar nicht mehr genau, wie oft ich sie schon auf der Bühne gesehen habe, aber ein zu oft kann es auch gar nicht geben. Der düstere Sound mit den noch düsteren Texten wirkt so vertraut, als hätte man dies schon Zeit seines Lebens gehört. Erneut wurde an diesem Abend „Personal Jesus” von Depeche Mode gecovert. Im Gegensatz zu der akustischen Wohnzimmerkonzertversion ging das dann nicht mehr in Richtung Johnny Cash, sondern hört (und sieht) sich so an. (Der Schlendrian hat mal wieder ein paar Songs gefilmt, die nach und nach oder so veröffentlicht werden.) Das nächste Konzert wird wohl leider erst im Dezember sein, außer es gibt im Gruselkabinett doch wieder ein Wohnzimmerkonzert. Dazu muss ich mir allerdings noch etwas wegen der Nachbarn einfallen lassen …
Trotz Montag und hoher Konzertdichte in letzter Zeit war der gestrige Besuch des Auftrittes von A Place to Bury Strangers unverzichtbar. Kaum eine Band versteht es auf so eindrucksvolle Weise Feedback um Feedback aufeinander zu schichten bis ein unendlicher Kosmos voller Lärm entsteht, in dessen Weiten man sich ziemlich schnell verlieren kann. Als es nach gewohnt gekonnter Lichtshow dunkel wurde und man sich aufs Angenehmste im nach wie vor vorhandenen Sound vollkommen verloren fühlte, tauchte die Band überraschend mitten im Publikum auf. Ein gelungener Abschluss für ein – ja schon wieder – richtig gutes Konzert.
Zu meinem großen Bedauern ist daheim im Gruselkabinett leider kein Wohnzimmerkonzert meiner Hamburger Lieblingsband Telomer mehr möglich. Glücklicherweise heißt das aber nicht, dass man komplett auf diese heimelige Akustikdarbietung verzichten muss – auch andere Wohnungen haben schöne Sofas. Und so gab es nun endlich das zweite Wohnzimmerkonzert. An den Akustikversionen wurde diesmal teilweise noch mehr gearbeitet, so dass die Songs nicht nur besser zur Geltung kamen, sondern vielmals ihr akustisches Eigenleben führten. Zur allgemeinen Erheiterung tat dies kurzzeitig ebenfalls der Bass, der sich ein Plektrum einverleibte – aber Klappern gehört schließlich zum Handwerk. Insgesamt hat dieses Konzert mit unheiteren Liedern wieder sehr viel Freude gemacht. Zu den Höhepunkten gehörte zweifelsohne die deutschsprachige Coverversion von „Personal Jesus”.
Als allererstes muss die Vorband gelobt werden. Über die heimelig klingenden Grabsteine der Warm Graves bin ich zuvor schon öfters gestolpert. Im verhallten Gesang mag man mitunter Robert Smith in düstersten Zeiten heraushören. Klänge, die aus tiefstem Nebel (akustisch) herüber wabern – sehr schön anzuhören, aber … nun ja – es fehlte etwas an Lebendigkeit bei den Studioaufnahmen. Live kam das jedoch weitaus besser rüber. O.K., das ist untertrieben – also das war richtig gut. Das lag vor allem an dem genialen Schlagzeuger. Nun gut, das war also die sehr überzeugende Vorband, die dann vergleichsweise wiederum doch nur lauwarm war, denn das, was Moon Duo darboten, war einfach nur ein Rauschzustand voller Glückseligkeit. War es beim ersten Mal wirklich nur ein Duo, so gab es diesmal keine Drum Machine mehr, sondern einen noch genialeren Drummer als bei der Vorband. Die schon zuvor erlebte Sogwirkung dieser Musik zog einen noch viel mehr in ihren Bann. Es hätte endlos so weiter gehen können – nicht zufällig war aus dem Publikum „Bitte nicht aufhören!” zu vernehmen. So viel ich weiß, stehen Moon Duo nicht auf dem Index verbotener Substanzen, könnten aber nicht mehr weit davon entfernt sein …
Nicht alles Blut löst Freude und entzücken aus. Böses Blut ist das, was man am lädierten Schwanz des einen Fellmonsters entdeckt hat. Ruhigen Blutes ist man dann erst wieder, wenn es doch nicht so schlimm ist wie es aussieht. Beim Tierarzt hat der sonst so großtatzige Kater Blut und Wasser geschwitzt. Der Trichter hat dann sein Blut ganz schön in Wallung gebracht. Der heißblütige Kampf dagegen wurde nun aber vollkommen erschöpft aufgegeben. Nach zweiwöchiger Tragezeit ist der ihm dann aber vielleicht in Fleisch und Blut übergegangen.
Montage sind nicht gerade optimal für einen Konzertbesuch geeignet – es muss also schon ein besonders lohnenswertes Konzert in Aussicht gestellt werden. Singer-Songwriter locken mich mittlerweile überhaupt nicht mehr – da wurden meine Ohren schon zu oft verhasenschaukelt. Nach dem Ansehen dieses Videos stand jedoch fest, dass gestern kein Weg daran vorbei führte. Manch einer könnte behaupten, dass Richard Dawson einer der unmusikalischsten Musiker ist. Das macht aber überhaupt nichts, da er das, was er macht, aus vollem Herzen macht und jeden direkt ins Herz trifft. Außer man hat kein Herz.