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Mittwoch, 19. Juli 2017

Wie die Post nicht abgeht

Noch halbwegs gut zu erreichen wurde ein Päckchen in der nächsten Postfiliale (natürlich keine richtige) hinterlegt. Zwei Kunden vor mir – geht ja, dachte ich als ich mich in die kurze Schlange einreihte. Der erste Kunde entpuppte sich allerdings als Problemkunde. Er hatte keinerlei Benachrichtigung dabei (was meist noch geht), aber auch kein Datum der Lieferung. Er tippte auf irgendein Datum. Die Suche ergab nichts. Er tippte usw. usf. Schließlich wies ihn der Mitarbeiter nach der inzwischen zu beträchtlicher Länge angewachsenen Schlange an Kunden mit dem Hinweis ab, dass er doch mal seine Benachrichtigungen wegen des Datums checken sollte und da der dies vor nicht konnte, dann noch einmal wiederkommen sollte. Der Kunde zog laut dementierend verärgert ab, der Mitarbeiter blieb sichtlich genervt zurück. O.K., also nur noch ein Kunde vor mir – zehn Minuten verschwendete Zeit, nun kann es ja fix weiter gehen. Dachte ich ganz optimistisch. Der nächste Kunde reklamierte allerdings die Frankierung eines Briefes, den er nicht selbst aufgegeben hatte, aber eine Quittung dazu vorweisen konnte, die zu teuer berechnet gewesen sein soll. Es ging um 75 Cent … Der Brief war inzwischen nicht mehr in der Filiale, um die Beanstandung nachzuprüfen. Der Kunde bestand trotzdem auf die Erstattung des seiner Meinung nach zu viel bezahlten Portos (75 Cent!) und auf eine Rücksprache mit dem Vorgesetzten des Mitarbeiters. Ohne Erfolg, aber mit erneuter Wartezeit. (Die Schlange war inzwischen ziemlich lang geworden.) Aber nun war ich endlich an der Reihe und dachte gleich mit der Sendung abziehen zu können. Diese wurde allerdings nicht gefunden. Der Sendungsverlauf bei Päckchen sieht nicht so gut aus … Erneute Prüfung der vorhandenen Sendungen. Ohne Erfolg. Tja, es könnte sein, dass die auch in einer anderen Filiale (als wie auf der Benachrichtigung angegeben) abgegeben wurde. (?) Quintessenz: knapp eine halbe Stunde für nichts. Und wieder ein erneuter Kunde, der unverrichteter Dinge die Filiale verließ. Inzwischen habe ich eine Vermutung, wo die Sendung ist, aber die vergeudete Zeit nervt mich immer noch etwas. Wie es mit den Nerven des Mitarbeiters aussieht, will ich lieber gar nicht wissen.

Japanischer Arbeitsweg



Die Gegend, in der ich arbeite, besteht fast nur aus Büroklötzen. Fast, denn knapp eine Handvoll kulturell genutzter Orte gibt es dort ebenfalls. Wenn man dann abends zu einer dieser Örtlichkeiten unterwegs ist, mutet das schon recht befremdlich an. Zum einen sind die Straßen, im Gegensatz zum quirligen Treiben tagsüber, vollkommen unbelebt. Zum anderen irritiert einen auch die Uhrzeit, zu der man sich auf seinem Arbeitsweg befindet. Der ungewöhnliche Weg lohnte sich indes. Turtle Yama – zwei kleine Japanerinnen – formten aus Tapeloops und Synthesizerimprovisationen eine elektronische Mischung, die voll frischer Lebendigkeit war. Zuvor legte u. a. auch noch Felix Kubin auf. Beim Heimweg empfand ich die Umgebung schon etwas weniger seltsam – dazu hatte ich zu viel seltsame Musik gehört.

Montag, 17. Juli 2017

Man möge mir einen Hammer geben…

…so dass ich mir einhämmern kann, dass Gefühle etwas sind, die einen in vollkommen diametrale Richtungen leiten können. Der Verstand hinkt immer noch hinterher. Das Herz ist kein verlässlicher Ratgeber. Ohne Augen ist es einfach nur blind. Man sieht ganz gewiss nicht damit gut. Zumindest dann nicht, wenn man sich doch besser mehr auf seinen Verstand verlassen sollte.

Friedenszeit

Eigentlich wollte ich noch etwas zum G20 schreiben bzw. was die Folgen von diesem betrifft. Das mache ich vielleicht auch noch, da es aus meiner Sicht noch viel zu sagen gibt, das etwas zu kurz kommt bzw. die allgemeine Berichterstattung in den Medien recht einseitig ist oder vielmehr eine verallgemeinernde Richtung anschlägt, die subjektiv gesehen nicht gerechtfertigt ist. Aber darum geht es mir bei diesen Beitrag nicht oder wenn, dann nur insoweit, dass das dennoch nicht mit kriegsähnlichen Zuständen vergleichbar ist, so beängstigend das auch alles wirkte und ohne die stattgefundene Gewalt zu verharmlosen. Inzwischen gibt es hier in Deutschland nur noch wenige Menschen, die wissen, was Krieg bedeutet. Selbst all das, was in den 90ern in Jugoslawien stattfand, ist inzwischen schon wieder in weiter Ferne, so dass es teilweise vollkommen ignoriert wird. Wir hatten keinen Frieden in Europa (auch wenn das vielmals anderes wahrgenommen wird) seit dem 2. Weltkrieg. Dieser rückt auch immer weiter in Vergessenheit und wir leben hier in Mitteleuropa in einer Welt, für die Krieg und Folgen davon unvorstellbar sind, man selbst nur theoretisch das Leid nachvollziehen kann. Ein sehr lebendig erzähltes Zeitzeugnis ist dieses Buch, das nun wieder aufgelegt wurde. (Die Verfilmung damals scheint mir nach kurzem Reinsehen im Vergleich zum Buch sehr seicht ausgefallen zu sein.) Man kann nur feststellen, wie gut wir hier leben. In Frieden seit Jahrzehnten.

Dienstag, 11. Juli 2017

Zeugnis der Reife

Nach knapp 12 Jahren ist nun diese Zeit für das kleine Monster beendet. Stolz kann es auf diesen Abschluss sein und ich bin es mit ihm. Es sind nicht nur die Zensuren, die dazu beitragen. Nachdem die zwei Stunden Gottesdienst (das wohl letzte Mal in unser beider Leben) überstanden waren und noch etwas Pause zu den nachfolgenden Reden und der abschließenden Abiturverleihung war, zog mich eine Lehrerin beiseite und hob zu einer nicht enden wollenden Lobeshymne auf das kleine Monster an. Dessen nicht genug, gab es später auch noch eine ganz besondere Ehrung. Das kleine Monster erhielt ein Stipendium über ein Jahr für sein außergewöhnliches Engagement und zudem einen Gutschein sowie freie Teilnahme für Besinnungstage. Auch wenn dieses Stipendium von einer jesuitischen Stiftung kommt, spielte der Glaube beim Engagement überhaupt keine Rolle. (Inwieweit die Schulleitung bei der Wahl des kleinen Monsters auch auf dem Zettel hatte, dass es nicht getauft ist, wird sich noch herausstellen.) Neben der Anerkennung freue ich mich besonders darüber, zu was für einer Persönlichkeit es herangereift ist – allgemeine Desinteressiertheit ist ein Fremdwort für das kleine Monster. Hilfsbereitschaft als auch Wissbegierde sollten eigentlich bei jedem ausreichend vorhanden sein bzw. sind diese ja eigentlich ganz natürlich. Die Erfahrung, dass das bei vielen Menschen nicht so ist, macht man nur leider oft genug. Umso schöner, dass sich das kleine Monster seine Offenheit nicht nur bewahrt hat, sondern diese überdurchschnittlich ausgeprägt zu sein scheint. Ich wünsche ihm sehr, dass es so engagiert bleibt!

Donnerstag, 6. Juli 2017

Welcome to Heaven

Himmlisch wäre es, wenn es in den Zentren von Großstädten immer so wie heute hier wäre, dass kaum Autos unterwegs wären, sondern meist nur Fußgänger und Radfahrer. O.K., die Hubschrauber und so sind auch nicht gerade so himmlisch, wenn man das nicht wortwörtlich nimmt – auf die kann man auf jeden Fall sehr gut verzichten. Aber man kann sich wieder daran erinnern, dass man diese Zeiten schon einmal erlebt hat, auch wenn das vollkommen andere Zeiten waren und diese nur wegen diesem Aspekt nicht unbedingt bessere waren. Der Himmel auf Erden ist in jeglicher Hinsicht (autofreie Innenstädte ist da nur ein ziemlich unbedeutender Punkt) leider etwas, das die Menschheit nie erreichen wird. Theoretisch wäre so viel möglich, praktisch scheitert man genau genommen schon an sich selbst. Mag man auch noch so idealistisch eingestellt sein. Dennoch finde ich, dass man nie aufgeben sollte, irgendetwas zu tun, dass diese Welt, in der wir leben, eine bessere wird. Wie sinnlos das auch sein mag, ist es doch besser, als gar nichts zu tun.

Dienstag, 4. Juli 2017

Dschungel vorm Mund

Nach wie vor finde ich es erschwerend, was die Kommunikation betrifft, wenn Menschen nicht ihren Mund aufbekommen bzw. nicht sagen, was sie denken oder meinen. Klar kommt es darauf an, wie man sich äußert. Also man kann seine Meinung durchaus so äußern, ohne dass das als Angriff oder gar als Beleidigung verstanden wird. Ganz im Gegenteil ist beispielsweise fundierte Kritik überaus hilfreich. Dazu muss man allerdings erst einmal das Gespräch suchen oder sich einfach dazu äußern. Zugegebenermaßen bin ich selbst da eher der direkte Typ und da doch mehr sehr direkt. Dennoch versuche ich zumindest niemanden zu verletzen und vor allem auch die andere Position nachzuvollziehen. Hierzu ist allerdings eine Äußerung des Gegenparts nicht nur hilfreich, sondern aus meiner Sicht unverzichtbar. Größtenteils ist das für mich schon nachvollziehbar, warum das vielen nicht so leicht fällt. Dennoch finde ich, dass es besser ist Klartext zu reden und nicht in unverbindlichem Smalltalk zu kommunizieren. Und schlimmstenfalls gegenüber anderen eine ganz andere Meinung zu vertreten. Sehr begrüßen würde ich es also, wenn es eine direkte Kommunikation geben würde – egal in welcher Konstellation, in welchem Zusammenhang. Jegliche Missverständnisse, die Kommunikation beinhaltet, können auch nur durch Kommunikation gelöst werden. Oder man fängt wieder bei der Steinzeit an bzw. davor.

Sonntag, 25. Juni 2017

Das Leben ist unberechenbar

Das damalige Aufatmen hat hierbei inzwischen an Substanz gewonnen. Bei dem gestrigen Treffen hatte ich erstmals nach über zwei Jahren das Gefühl, dass nun wirklich wieder etwas Grund unter den Füßen ist. Nicht dass die Probleme aus der Welt wären, aber die Einstellung dazu scheint sich grundsätzlich geändert zu haben – die Gefahr eines Suizids ist wohl nun nicht mehr akut. Langsam kommt die Persönlichkeit dieses Freundes wieder hervor, so wie ich ihn kenne. Endlich will er selbst wieder etwas machen. So sehr ich mich darüber freue, um so schlimmere Befürchtungen habe ich bei einem anderen Freund. Seit Geburt an hat dieser massive gesundheitliche Probleme. In den letzten Jahren hatte er diverse Operationen und langzeitige Aufenthalte im Krankenhaus, wo der Kontakt jedoch nie abgebrochen ist, auch wenn er nicht immer im Krankenhaus erreichbar war. Nun erreiche ich ihn gar nicht mehr und gehe von dem Schlimmsten aus. Ich wünsche mir sehr, dass dem nicht so ist. Aber was sind schon Wünsche?

Donnerstag, 22. Juni 2017

Weltuntergang



Mitten am Tag wurde es heute so dunkel, dass man sich fast tief nächtens wähnte. Es wurde dunkler und dunkler und dunkler. Dann kam der Regen gemischt mit Hagel, der aufs Heftigste niederprasselte und wollte gar nicht mehr aufhören. Von drinnen nach draußen betrachtet war das schon beeindruckend und man spürte trotz sicherem Ort, was für eine Gewalt in der Natur liegt. Dass die Menschheit in allem nur vergleichbar mit Staubkörnern ist, die in ihrer Hybris glaubt, (zumindest teilweise) alles zu beherrschen. Neben den ganzen eigen verschuldeten Möglichkeiten, wie alles mehr oder weniger schnell zu Ende gehen könnte, birgt die Natur an sich ihre eigenen Szenarien wie z. B. einen Deep Impact oder den Ausbruch eines Supervulkans. Den Vesuv besuchte ich ja gerade erst. Ein Ausbruch kann jederzeit stattfinden, was allein schon für sich für die dichtbesiedelte Region fatale Folgen hätte. Gleich in der Nähe gibt es auch noch die Phlegräischen Felder (Europas einziger Supervulkan), bei denen eine Verbindung zum Vesuv vermutet wird. Vor Ort hatte ich zwar erst einmal Probleme mit meiner Höhenangst, aber nach vorheriger Besichtigung von Pompeji war da durchaus auch der Respekt bei den Blicken in den Krater – wissend, dass dieser Vulkan zu den Aktiven zählt. Bedrohlicher wirkte jedoch gefühlsmäßig das heutige Unwetter. Dem Ort, an dem man lebt, fühlt man sich eben mehr verbunden, wenn auch rational so gut wie keine Gefahr vorhanden war und schon gar kein Weltuntergang bevor stand. Was einem wiederum deutlich vor Augen führt, dass man sich viel zu sehr von optischen Eindrücken beeinflussen lässt. Die Gefahren sind oft da, wo man sie nicht sieht. Sich nur auf seine Gefühle zu verlassen, ist also auch nicht der optimale Weg – den Verstand sollte man ebenso nutzen. Dennoch ignoriert man oft das, was einem die Vernunft sagt. So sind sie halt, die Menschen. Und somit gleichfalls ich selbst.

Sonntag, 18. Juni 2017

Böser Handel

Als ich auf dem Flohmarkt ein Buch erstehen und über den Preis verhandeln wollte, lehnte die Verkäuferin dies mit dem Hinweis ab, dass die Erlöse des Standes für einen guten Zweck wären. Ansonsten hätte sie sich aber schon aufs Handeln eingelassen. Nachgefragt, ob sie damit einen bösen Zweck meine, habe ich dann doch nicht ... *g*

Freitag, 16. Juni 2017

Die lieben Kollegen, Teil 51

Angedacht war das schon länger, aber nun gibt es eine konkrete Planung. Im August ist es soweit – der Kollege aus China, der dort als Grafiker tätig ist, kommt zu uns zu einem Praktikum. Zuvor musste er erst einmal etwas mehr Englisch lernen, da seine Sprachkenntnisse etwas dürftig waren (in China ist es in der Schule meist üblich, dass man Englisch nur in schriftlicher Form lernt, wenn überhaupt). Und meine chinesischen Sprachkenntnisse gehen doch eher gegen Null, auch wenn ich bei chinesischen Übersetzungen dann doch schon einige „Fehler” entdeckt habe (machen die doch einfach aus der deutschen Mutterfirma eine Tochtergesellschaft …). Der gestalterische Bereich dieses chinesischen Kollegen betrifft eigentlich nur Nebenprojekte, alles andere wird hier gemacht – inklusive Umsetzung auf Chinesisch. Diese Nebenprojekte habe ich allerdings auch schon öfters in der Mache gehabt, um diese zu optimieren bzw. dazu Verbesserungsvorschläge zu machen. Dabei taten sich aus grafischer Sicht Abgründe auf, die in meinen Augen unbeschreiblich sind. Man muss da wohl bei Null anfangen und erst einmal erklären, dass das Corporate Design nicht irgendetwas ist, das in Ablage P oder so gehört. Oder dass man nicht einfach aus dem Internet irgendwelche Bilder verwenden kann – mal ganz abgesehen davon, wenn diese nicht mal Druckqualität haben. Das wird also richtig spannend werden, was diese Zeit betrifft. Noch spannender finde ich allerdings wie dieser Kollege jenseits des Beruflichen so tickt. Mir wurde von anderen chinesischen Kollegen erzählt, dass er etwas crazy sei – so wie ich. Hm. Und meine Chefin meinte, dass der genauso rumläuft wie ich. Selbst die Frisur wäre ziemlich ähnlich – irgendetwas Verschwurbeltes mit schwarzen Haaren (ich kenne allerdings auch Fotos mit orangenen Haaren). In den zwei Wochen, in denen er hier sein wird, wird sich die Betreuung auch wieder nicht nur auf dieArbeitszeit beschränken, sondern auch auf die Abende und Wochenenden. (Dies werde ich jedoch nicht für die ganze Zeit übernehmen.) Somit könnte man sich bestimmt auch jenseits der üblichen Unternehmungen etwas überlegen. Bei meinem neuen Kollegen hier, kam auch gleich Begeisterung auf, weil man dann eher etwas machen könnte, was den eigenen Interessen näher liegt. Ganz so deckungsgleich sind diese zwar nicht, aber es gibt genug Überschneidungen. Immerhin habe ich diesen Kollegen sozusagen geheadhunted, was zwar maßgeblich an seiner Kompetenz liegt, aber letztendlich habe ich ihn auf subkulturellen Pfaden kennengelernt und vor ein paar Tagen traten wir im Partnerlook auf, was ich gleich als Arbeitskleidung für unsere Abteilung deklariert habe und meine Chefin darauf hingewiesen habe, dass sie nicht entsprechend gekleidet ist (die andere Kollegin ist gerade im Urlaub – zählt also nicht). Ich musste die Begeisterung meines Kollegen allerdings auch wieder etwas dämpfen, als ich ihm mitteilte, dass für solche Aktionen der Kiez Tabu ist. Andererseits ist es dort auch zunehmend weniger attraktiv (Hasenschaukel, Cobra Bar, King Calavera… so vieles gibt es nicht mehr). Nun ja, und allgemein muss man unabhängig davon aufpassen. Ein, zwei Bier ist bei Chinesen schon grenzwertig (echt krass). Aber ich bin mir sicher, dass das alles irgendwie doch alles zusammenzubringen ist. Culture Clash, Sprachschwierigkeiten u.s.w. Ich werde auf jeden Fall berichten.

Sonntag, 11. Juni 2017

Abschied vom Urlaubsmodus

Sonntagabend und der erste Arbeitstag rückt in aufdringliche Nähe. Oder allgemein der Alltag überhaupt. Trotz des mitunter gar nicht schönen Wetters hier, war mir Neapel immer noch näher als das hiesige Sein. Viel dazu beigetragen haben die ganzen leckeren Sachen, die ich importiert habe. Und so gab es denn hier beispielsweise eine Pizza friarielli e salsiccia. Das hilft dann aber doch nicht weiter, wenn ich jetzt schon weiß, dass das morgen ein anstrengender Tag wird. Alle unmittelbaren Kollegen werden nicht da sein (sei es nun wegen Urlaub oder Dienstreise). Die Anzahl der E-Mails werde ich wohl gar nicht alle lesen können, da ich gleich einen Termin außer Haus habe. Und nach Arbeitsschluss habe ich einen Termin beim Kieferorthopäden. Das Dolce Vita ist dann doch vorbei. Nichtsdestotrotz weiß ich, dass ich mich auch dann wieder gut fühlen werde. Aber das ist eben wieder vollkommen anders.

Samstag, 10. Juni 2017

Charmantes Chaos

Trotz Streik kamen wir fast pünktlich in Neapel an – bei überaus klarer Sicht während des ganzen Fluges. Ganz so klar ging es beim Aufsuchen des Quartiers mitten im historischen Zentrum durch gesperrte Straßen zwar nicht mehr zu, aber letztendlich trafen wir dann doch in unserem Nest mit schöner Dachterrasse ein. Unsere sehr freundliche und hilfsbereite Vermieterin sprach nur italienisch und redete immer so lange auf mich ein, bis ich sie verstanden habe, auch wenn ich eigentlich so gut wie gar nicht die italienische Sprache verstehe. (Halt ein paar Brocken. Nur bei allem, was Essen betrifft, sieht es etwas besser aus.)

Durch die optimale Lage unserer Unterkunft waren wir mitten drin in Neapel, im dunklen engen Gassengewirr, durch das sich auch in den engsten Gassen noch der Verkehr schlängelt, die obligatorische Wäsche kreuz und quer darüber flattert und sich in jeder Nische ein Heiligenschrein befindet. Bassi, die Erdgeschosswohnungen, die nur durch eine einfache Tür vom Straßenverkehr abgetrennt sind, prägen die Altstadtviertel. Meist stehen die Türen offen und man schaut direkt in die Küche, ins Wohn- oder Schlafzimmer, was manchmal alles ein und dasselbe ist. Gleich um die nächste Ecke befinden sich dann wiederum Prachtbauten, Kirchen oder Palazzi, die im starken Kontrast zur Armut stehen. Gleich ein paar Schritte weiter befindet sich auch die prunkvolle Kathedrale von Neapel, in der zweimal jährlich das Blutwunder stattfindet.

Glaube und Aberglaube liegen in Neapel dicht beieinander – an den Souvenirständen sieht man nicht nur haufenweise die Cornicelli gegen den bösen Blick, sondern sehr oft auch Miniaturschädel, denn der Schädelkult L’anima pezzentella ist hier trotz Verbot immer noch sehr lebendig. Schädel werden sozusagen adoptiert und gepflegt und erhalten Geschenke –im Ausgleich helfen einem dann auch die Toten weiter. In der Krypta der Kirche Santa Maria delle Anime del Purgatorio ad Arco und vor allem im unterirdischen Friedhof Cimitero delle Fontanelle kann man sich davon überzeugen. Neben Münzen finden sich beispielsweise auch Fahrscheine oder Lippenstifte.

Allgemein ist der Untergrund von Neapel sehr interessant. Nicht nur, weil man dort noch besser als in den Gassen der Hitze entkommen kann, sondern weil es neben Schädeln noch sehr viel mehr zu entdecken gibt. Neapel existiert unterirdisch quasi noch einmal. Dort unten befinden sich ein endlose Gängesysteme mit Katakomben, schmalen, sehr schmalen oder sehr niedrigen Gängen. Hinterlassenschaften aus griechischer und römischer Zeit, aber auch Zeugnisse aus der Zeit des 2. Weltkrieges, als ganz Neapel im Untergrund Zuflucht suchte. Wir nahmen an einigen sehr spannenden Führungen teil. Neben dem historischen Untergrund ist auch der neuzeitliche sehenswert, denn ein großer Teil der U-Bahn-Stationen der Linie 1 sind künstlerisch und architektonisch herausragend gestaltet.

Oberirdisch hat Neapel allerdings ebenfalls sehr viel Sehenswertes zu bieten. Sehr beieindruckend fand ich beispielsweise die Marmorskulpturen in der Cappella Sansevero, deren Feinheit in der Bearbeitung unglaublich ist, zudem gibt es dort auch noch zwei sehr interessante anatomische Modelle zu sehen. Fotos konnte man dort (wie auch an einigen anderen Orten) leider nicht machen. Lohnenswert ist ebenfalls das Hermann-Witsch-Museum – da geht es dann auch gleich wieder blutiger zu. Einen sehr entspannten Aufenthalt bietet der Kreuzgang Chiostro delle Maioliche. Neben dem Verkehrschaos ist Neapel nämlich auch sehr laut. Und das nicht nur tagsüber, denn die Neapolitaner lieben Feuerwerk. Das wusste ich zwar durch die Lektüre von Elena Ferrante schon vorher, aber nicht, dass das heißt, dass es jede Nacht mindestens zwei, drei Feuerwerke gibt. Da würde man gar nicht mitbekommen, wenn der Vesuv ausbrechen würde.

Außer in den engen Gassen kann man den Vesuv fast überall sehen. Am schönsten ist der Blick darauf von einem höher gelegenen Standort (z. B. Posillipo), von wo aus man zudem die ganze Stadt und Bucht überblicken kann. So allgegenwärtig wie er ist vergisst man die Gefährlichkeit dieses Vulkans. Im Historischen Nationalmuseum wird die Zeit seines bekanntesten Ausbruchs sehr lebendig. Beispielsweise feinste Glasarbeiten sind von Pompeji erhalten geblieben als auch eine Menge obszöner Graffiti. Das damalige Leben wird einem auch heutzutage dadurch sehr lebendig. Direkt vor Ort begreift man es noch viel besser. Wir haben uns fast einen ganzen Tag Zeit genommen, um Pompeji zu erkunden. Es ist faszinierend wie gut beispielsweise noch einige Wandmalereien erhalten sind. Dem Verursacher des Untergangs von Pompeji musste trotz Höhenangst auch noch unbedingt ein Besuch abgestattet werden. Das war schon eine ziemliche Herausforderung für mich und im Nachhinein kommt es mir ganz unwirklich vor, dass ich da oben am Kraterrand gestanden habe.

Weitere Ausflüge führten uns jeweils für einen Tag nach Ischia und Procida. Der Hauptort von Ischia wirkte durch seine sehr stark touristische Ausgerichtetheit nicht sehr sympathisch auf mich. Am Marontistarnd (von dem ich ja nun so viel durch Elena Ferrante gelesen hatte) verbrachten wir dann einen entspannten Strandtag, d. h. ich war eigentlich mehr im Wasser zu finden. Procida entsprach gegenüber Ischia schon viel mehr meinem Geschmack. Von der Ursprünglichkeit dieser kleinen Fischerinsel ist doch noch viel mehr erhalten geblieben. Das Wetter blieb uns am Tag des Besuchen leider nicht erhalten, so dass das gleichfalls geplante faule Strandleben durch mehr Wanderungen ersetzt wurde.

Neben den beschriebenen Besichtigungen, ist natürlich ein Hauptgrund, um nach Neapel zu fahren, das Essen. Nachvollziehbarerweise schmeckt die Pizza nirgendwo besser. Die verschiedenen Pastavariationen sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Und ganz wichtig ist auch alles, was aus dem Meer kommt. Es ist einfach eine unbeschreibliche Freude, auf einem Markt in Neapel einkaufen zu gehen. Neben dem beeindruckenden Angebot aus dem Meer, sollte man aber auch die Augen offen halten für die Gaben der Erde, die gleichfalls sehr vielfältig sind. Unvergesslich sind die Aromen der Tomatensorten, aber auch eher unscheinbares wie Friarielli sollte man sich nicht entgehen lassen. Vor der Rückreise machte ich dementsprechend noch einmal einen Großeinkauf.

Auch wenn wir doch nicht gerade wenig Zeit hatten, verging die Zeit viel zu schnell. Durch das Gassengewirr hätte ich noch ewig schlendern können. Hier und dort eine Pizza essen. Dann und wann einen Markt aufsuchen. Mir überlegen, ob ich nicht einen Schädel adoptieren sollte. Und ab und zu einen Tag mit Baden im glasklaren Mittelmehr einplanen. Das Chaotische finde ich eigentlich überhaupt nicht störend – ganz im Gegenteil – erst dadurch spürt man erst, wie das Leben hier pulsiert. Der Lärm ist jedoch schon gewöhnungsbedürftig. Das Müllproblem scheint in Neapel der Vergangenheit anzugehören – inzwischen ist alles immer sehr sauber. Mit anderen Worten spricht fast nichts dagegen, noch einmal nach Neapel zu reisen.



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Freitag, 9. Juni 2017

Wer die Wahl hat, hat die Qual ...

Noch im Urlaub, aber Kunst geht vor – heute wurden die Nachwuchskünstler für die add art im Herbst ausgewählt. Diesmal standen 61 zur Auswahl. In zwei großen Räumen als auch im Flur der HAW in der Armgartstraße gab es diesmal richtig viel zu sehen.



Einiges war leider aufgrund der Firmenräumlichkeiten von vornherein nicht geeignet wie großformatige Werke als auch Objektkunst. Gerade was letzteres betrifft haben mir die Sachen von Simone Kesting außerordentlich gut gefallen – aus ungewöhnlichen Materialkombinationen (beispielsweise eisengrundierte und anschließend oxidierte Zahnstocher) wurden außergewöhnliche Gebilde kreiert. Wir waren diesmal zu sechst da und sind uns trotz der großen Auswahl und verschiedener Meinungen dann doch sehr gut einig geworden. Ich habe das der Einfachheit halber per Punktevergabe strukturiert, um erst einmal einen Überblick zu bekommen. Letztendlich wurde aber nicht nach der höchsten Punktzahl entschieden, sondern nach dem, was insgesamt am besten passt. Und so wurde Celia Espona Pernas ausgewählt, die Gedichte von Alejandra Pizarnik illustriert hat und Fotos von Marie Hoffmann. Beides geht in eine sehr surreale Richtung, die mich ja sehr anspricht (nicht nur im bildnerischen Bereich, sondern auch im Literarischen, weswegen ich gleichfalls neugierig auf die Gedichte von Alejandra Pizarnik geworden bin). Ich freue mich jedenfalls schon sehr darauf, wenn die beiden bei uns ihre Werke ausstellen.